Vorstellungsgespräch: Fiese Fragen und die besten Antworten.
Das Vorstellungsgespräch: Wie sieht eine gute Vorbereitung aus, was muss ich unbedingt vermeiden und sind Notlügen eigentlich erlaubt? Keine Angst, nobody is perfect – mit dem richtigen Wissen kannst du aber viel erreichen. Deshalb haben wir diejenigen gefragt, die es am besten wissen müssen: zwei Personalerinnen. Lies hier, welche Tipps sie Bewerbern für die besten Antworten im Vorstellungsgespräch geben. Außerdem stellen wir dir 20 fiese Fragen fürs Vorstellungsgespräch vor und wie du am besten darauf reagierst.
20 Fragen und Antworten
Beim Vorstellungsgespräch sind wohl alle Bewerber:innen* aufgeregt. Damit du keine Angst vor fiesen Fragen haben musst und dir schon vorher deine individuellen Antworten überlegen kannst, haben wir dir hier 20 Beispiele für Fragen und Antworten aufgelistet.
Fragen zur Persönlichkeit
1. Würden Sie sich erst einmal kurz vorstellen?
„Natürlich. Vielen Dank vorab für die Einladung zum Vorstellungsgespräch. Ich bin Maria Schuster, 27 Jahre alt und gerade im 3. Fachsemester meines Masterstudiums. Da ich bereits einige Praktika im Bereich Unternehmensberatung gemacht habe, konnte ich mir schon ein gutes Bild vom Beruf verschaffen und sehe meine berufliche Zukunft definitiv in diesem Bereich. Diese ersten praktischen Erfahrungen möchte ich jetzt gerne im Bereich der digitalen Transformation ausbauen und meine Fähigkeiten in Ihrem Unternehmen einbringen.“
2. Was sind Ihre Stärken?
„Ich bin ein echtes Organisationstalent. Schon in der Uni habe ich oft die Koordination bei Gruppenarbeiten übernommen, die einzelnen Aufgaben verteilt und hatte dabei stets die Deadline im Blick. In meinen zwei Jahren Berufserfahrung als Office Manager konnte ich diese Stärke weiter ausbauen. Ich habe diverse Veranstaltungen und zahlreiche Meetings organisiert.“
3. Was sind Ihre Schwächen?
„Ich fühle mich bei Präsentationen vor vielen Leuten nicht so wohl. Aber da ich das weiß, bereite ich mich jedes Mal besonders gut auf solche Situationen vor. Dann gehe ich etwas entspannter in die Präsentation. Außerdem hilft mir meine Anspannung tatsächlich dabei, mich zu fokussieren.“
4. Was motiviert Sie?
„Wenn ich merke, dass ich mit meinen Fähigkeiten zum Erfolg eines Projektes beitragen kann und positives Feedback für meine Arbeit bekomme. Außerdem muss ich voll und ganz hinter dem stehen, was ich mache. Deshalb käme es für mich nicht infrage, für ein Unternehmen zu arbeiten, dessen Werte ich selbst nicht vertrete.“
5. Wann empfinden Sie Stress?
„Wenn unvorhersehbare Ereignisse eintreten, die ich im ersten Augenblick nicht selbst beeinflussen kann, gerate ich manchmal unter Druck. Aber auch hier kann ich einen kühlen Kopf bewahren, indem ich einmal tief durchatme und das Ziel nicht aus den Augen verliere. In meinem Trainee-Programm in einer Werbeagentur hatte ich oft mit Kunden zu tun, die knappe Deadlines gesetzt haben oder kurzfristige Änderungswünsche umgesetzt haben wollen. Wenn man nicht in Panik gerät, freundlich bleibt und sich trotzdem einen genauen Plan macht, funktioniert auch die Arbeit unter Druck gut.“
Fragen zum Cultural Fit
6. Warum passen Sie perfekt zu uns?
„Laut der Ausschreibung für eine Stelle als Junior Account Manager suchen Sie jemanden, der kommunikationsstark ist, lösungsorientiert denkt und die Wünsche der Kunden immer im Blick hat. Da ich einen Bachelorabschluss in Accounting habe, bringe ich die nötigen fachlichen Kenntnisse mit und erste Arbeitserfahrungen konnte ich auch schon in Form von Praktika sammeln. Dort durfte ich bereits eigene Kunden betreuen und erste Erfahrungen mit Salesforce und HubSpot sammeln.“
7. Wie würden Ihre Freunde oder Ihre Familie Sie beschreiben?
„Die würden sagen, dass ich vor allem offen und neugierig bin. Egal ob Restaurant- oder Ausflugstipps, meine Freunde wissen, dass ich Ihnen hier immer etwas Neues empfehlen kann. Außerdem schätzen sie meinen Ehrgeiz, denn bei Spieleabenden ist man mit mir tatsächlich oft im Gewinnerteam.“
8. Arbeiten Sie lieber im Team oder alleine?
„Da ich bei meinem vorherigen Arbeitgeber abwechselnd im Büro und aus dem Home Office gearbeitet habe, schätze ich eine Mischung aus beidem. Die Arbeit im Team eignet sich super, um an Problemlösungen zu arbeiten oder an neuen Ideen zu tüfteln. Da brauche ich einfach den Input von anderen Leuten. An anderen Themen, zum Beispiel einer Kostenkalkulation, arbeite ich lieber konzentriert allein.“
9. Was ist Ihnen wichtiger, Ihre Karriere oder die Work-Life-Balance?
„Ein beruflicher Stillstand würde mich sehr demotivieren. Ich habe mir selbst ein paar Ziele gesteckt, die ich auch erreichen möchte. Dafür bin ich bereit, Zeit und Energie zu investieren – aber dabei setze ich mir auch Grenzen. Kein Privatleben mehr zu haben, nur um auf der Karriereleiter nach oben zu klettern, käme für mich nicht in Frage. Ich denke, mit gutem Zeitmanagement kann man auch Karriere machen und trotzdem eine gute Work-Life-Balance behalten.“
10. Wie reagieren Sie auf Kritik?
„Solange die Kritik konstruktiv ist, kann ich sehr gut damit umgehen und schätze diese sogar. Ich versuche also, Kritik nie persönlich zu nehmen und mich stattdessen zu fragen, ob sie gerechtfertigt war und ob ich daran arbeiten kann. In meinem Praktikum habe ich von meiner Teamleiterin einige Verbesserungsvorschläge zu meinen Präsentationen in PowerPoint bekommen, da diese überhaupt nicht den Unternehmensvorgaben entsprachen. Im Laufe meines Praktikums habe ich dann an vielen Präsentationen gearbeitet und weiß nun, worauf ich achten muss, um eine gute Präsentation zu erstellen.“
Fragen zu Produkt, Branche und Arbeitgeber
11. Warum haben Sie sich bei diesem Unternehmen beworben?
„Seit einigen Jahren bin ich selbst Kunde Ihrer Firma und sehr überzeugt von den Produkten. Als ich mich dann etwas mehr über das Unternehmen und seine Werte erkundigt habe, stellte ich fest, dass ich mich sehr gut damit identifizieren kann. Mit meinen fachlichen Kenntnissen und meiner Erfahrung als E-Commerce-Manager möchte ich Sie deshalb gerne dabei unterstützen, diese Produkte weiterhin erfolgreich zu vermarkten.“
12. Was interessiert Sie an unserer Branche?
„Das Spannende an der Unternehmensberatung ist für mich die Abwechslung. Da man mit so vielen unterschiedlichen Kunden zusammenarbeitet, gibt es keinen einheitlichen Lösungsweg, sondern man muss die Strategie jedes Mal neu und individuell fürs Unternehmen aufsetzen. Dass Ihr Unternehmen vor allem digitale Transformationen begleitet, reizt mich besonders.“
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Fragen zum Studium
13. Wieso haben Sie zuerst eine Ausbildung gemacht?
„Nach der Schule wollte ich erst einmal praktisch tätig werden, anstatt weiter die Schulbank zu drücken. Eine Ausbildung war deshalb die perfekte Lösung für mich, um Fachkenntnisse zu erwerben, Berufserfahrung zu sammeln und gleichzeitig schon mein eigenes Geld zu verdienen und unabhängig von meinen Eltern zu sein. Als ich aber feststellte, dass mir ein zusätzliches Studium noch mal deutlich mehr Kenntnisse in meinem Fachbereich vermitteln würde und mir vor allem auch größere Aufstiegschancen bietet, habe ich mich für diesen Schritt entschieden.“
14. Warum haben Sie so lange studiert?
„In Regelstudienzeit hätte ich mein Studium leider nicht absolvieren können. Da ich von Anfang an mein Studium selbst finanziert habe, war ein Nebenjob fester Teil meines Studierendendaseins. Die freiwilligen Praktika, die ich parallel zu meinem Studium absolviert habe, haben mir erste praktische Einblicke ins Berufsleben gewährt und waren eine perfekte Gelegenheit, die gelernte Theorie auch endlich mal praktisch anzuwenden. Hinzu kommt, dass ich meine Masterarbeit an einer Partneruni im Ausland geschrieben habe, da ich dort an einem sehr spannenden Projekt mitarbeiten durfte. Meiner Meinung nach haben sich also meine zwei zusätzlichen Semester im Bachelor und Master definitiv gelohnt.“
Fragen zum beruflichen Werdegang
15. Warum möchten Sie sich beruflich verändern?
„Mit meinem Aufgabenbereich in meiner aktuellen Firma bin ich sehr zufrieden. Auch im Team komme ich super zurecht, die Arbeitsatmosphäre ist wirklich toll. Allerdings würde ich mich gerne im grafischen Bereich noch weiterentwickeln und in dieser Richtung ist mein jetziger Arbeitgeber leider gar nicht aufgestellt.“
16. Was haben Sie an Ihrem letzten Arbeitgeber geschätzt?
„Dass ich als Berufseinsteigerin von Anfang an ziemlich viel Verantwortung übertragen bekommen habe, hat mich besonders beeindruckt. Mein Teamleiter hat mir viel Vertrauen geschenkt und mich auch eigene Ideen umsetzen lassen. Dass dabei nicht immer alles geklappt hat, war okay. Oft habe ich auch interne Schulungen bekommen. Außerdem bin ich meiner Kollegin dankbar, die mich als Mentorin sehr unterstützt und mich quasi ins Berufsleben eingeführt hat.“
17. Was war Ihr bisher größter beruflicher Erfolg?
„Als Junior Account Manager durfte ich gemeinsam mit einem Kollegen Verhandlungen mit einem ziemlich großen Kunden führen und letztendlich auch am Vertragsabschluss mitarbeiten. Die Kampagne habe ich dann fast allein betreut. Das war oft stressig und herausfordern – gerade, weil der Kunde häufig spontane Änderungswünsche hatte – aber hat mir Spaß gemacht und gezeigt, dass ich in diesem Bereich meine berufliche Zukunft sehe.“
18. Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?
„Da ich gerade erst ins Berufsleben eingestiegen bin, möchte ich vor allem mehr Erfahrungen sammeln und meine fachlichen Kenntnisse im Bereich Web Development weiterentwickeln. In fünf Jahren bin ich also fest im Beruf angekommen und habe mich sowohl fachlich, als auch persönlich, weiterentwickelt. Da ich mir auch vorstellen könnte, mal eine Führungsposition zu übernehmen, möchte ich bis dahin aktiv an meinen Führungskompetenzen gearbeitet haben.“
Fragen zur ausgeschriebenen Stelle
19. Was sind Ihre Gehaltsvorstellungen?
„Im Vorfeld unseres Gesprächs habe ich mich noch einmal über die branchenübliche Bezahlung für diese Stelle erkundigt. Wenn ich dabei noch meine bisherige Berufserfahrung und meine fachlichen Kenntnisse berücksichtige, liegt meine Gehaltsvorstellung bei 33.600 Euro.“
20. Haben Sie noch eigene Fragen?
„Ja, vielen Dank für die Gelegenheit. Sie sprachen vorhin davon, dass Sie Ihren Mitarbeitern auch individuelle Entwicklungsmöglichkeiten anbieten. Könnten Sie darauf noch mal genauer eingehen?“
50 weitere Fragen fürs Vorstellunsggespräch
Du möchtest dich noch besser aufs Vorstellungsgespräch vorbereiten? Die 50 häufigsten Fragen zu deiner Persönlichkeit, dem Cultural Fit, deinem Studium und beruflichem Werdegang haben wir hier für dich zusammengefasst.
Dos and Don’ts.
Die Nervosität steigt oft, wenn Personalverantwortliche sich im Vorstellungsgespräch Notizen machen und Bewerber nicht wissen, ob das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen ist. Was denken Personalverantwortliche eigentlich während des Gesprächs, wie kann ich einen Fauxpas verhindern, gibt es komplett unangebrachte Fragen? Wir stellen Nadia Grötsch und Yvonne Bayha die wichtigsten Fragen:
Viele Bewerber machen sich große Gedanken, wenn im Vorstellungsgespräch das Gehalt nicht angesprochen wurde. Wir fragen deshalb nach Tipps:
Wird das Thema Gehalt im Vorstellungsgespräch grundsätzlich von Personalverantwortlichen auf den Tisch gebracht?
Nadia Grötsch (TowerConsult): Diese Frage stellen die Personalverantwortlichen. Und wenn sie das nicht tun, haben sie entweder irgendeinen Grund dafür oder es schlicht vergessen. Das kommt aber äußerst selten vor, weil ja die Frage, ob man sich beim Gehalt einigen kann, eine sehr entscheidende ist. Nur, wenn im Gespräch die Frage gar nicht aufs Gehalt kam, kann man zum Ende hin danach fragen.
Yvonne Bayha (Ernst & Young): Dies variiert, in der Regel wird das Gehalt jedoch vom Unternehmen angesprochen.
Wie detailliert sollten Kandidaten in einem Vorstellungsgespräch die Firmengeschichte kennen?
Nadia Grötsch (TowerConsult): Die Geschichte des Unternehmens auswendig zu kennen, halte ich für übertrieben. Schließlich wissen alle Personalverantwortlichen, dass sich Kandidaten in der Regel bei verschiedenen Unternehmen bewerben und eher selten derart begeistert von einem Unternehmen sind, dass sie sogar die Geschichte kennen. Die Eckdaten, also Gründungsjahr und -ort, Gründer, Produkte und Leitbild sollte man sich aber vorher schon angesehen haben.
Yvonne Bayha ([Ernst & Young): Grobe Kenntnisse reichen völlig aus, Detailkenntnisse sind hier nicht notwendig.
Was sind die drei größten Fehler in einem Bewerbungsgespräch?
Nadia Grötsch (TowerConsult): Ungepflegtes Auftreten, keine Vorbereitung, Lügen.
Yvonne Bayha (Ernst & Young):
Eine schlechte Vorbereitung für die Stelle, wenn die Motivation für die Stelle und das Unternehmen nicht herausgestellt werden, wenn keine Fragen gestellt und keine Notizen gemacht werden, denn das vermittelt Desinteresse.
Die Bewerber sind krank. Macht es einen schlechten Eindruck, den Termin für das Vorstellungsgespräch zu verschieben?
Nadia Grötsch (TowerConsult): Nein, wenn jemand krank ist, macht das keinen schlechten Eindruck. Personalverantwortliche sind Menschen und werden auch krank! Man sollte sich aber in einem solchen Fall aktiv um einen neuen Termin bemühen.
Yvonne Bayha (Ernst & Young): Keineswegs.
Wann stellen Kandidaten am besten die Frage nach Erstattung der Reisekosten? Oder sollten sie nicht danach fragen?
Nadia Grötsch (TowerConsult): Das sollte man am besten vor dem Gespräch mit einem kurzen Anruf in der Personalabteilung klären.
Yvonne Bayha (Ernst & Young): Zum Abschluss des Gespräches, falls man nicht von selber darauf angesprochen wird.
Wie finde ich die richtige Strategie?
Die Vorbereitung des Vorstellungsgesprächs auf die Fragen von Personalverantwortlichen beinhaltet auch, eine Antwortstrategie zu entwickeln. Überlege dir im Vorfeld: Welche Leistungen, Kenntnisse, Qualifikationen und Erfahrungen zeichnen dich aus? So vermittelst du deine Antworten an passender Stelle fließend und mit einem gesunden Selbstbewusstsein.
Die sogenannten Standardfragen lassen sich vergleichsweise leicht beantworten. Andere Bewerbungsfragen haben es jedoch in sich, wie zum Beispiel Stressfragen oder Brainteaser. Tipp: Mit exakt vorformulierten Klauseln macht man bei Arbeitgebern keinen guten Eindruck. Der individuelle Bezug zur eigenen Person und zu den persönlichen Stärken, zur ausgeschriebenen Stelle und natürlich auch zum Unternehmen ist entscheidend für gute Antworten beim Vorstellungsgespräch.
Auch eine inhaltliche Vorbereitung ist unerlässlich. Die passenden Informationen zum jeweiligen Berufsfeld findest du hier:
Wie gehe ich am besten mit offenen Fragen um?
Am häufigsten bekommt man im Bewerbungsgespräch offene Fragen (bzw. offene Aufgaben) gestellt, z. B. „Schildern Sie bitte ihren bisherigen Werdegang“ oder „Auf welche Stationen in Ihrem Lebenslauf sind Sie stolz?“.
Auf offene Fragen kann man nicht mit „Ja“ oder „Nein“, sondern kann bzw. muss man ausführlich und mit einer Selbstrepräsentation antworten. Dabei sollte man besonders die Tätigkeiten und praktischen Erfahrungen herausstellen, die einen direkten Bezug zu der angestrebten Position haben. Hier sollte man möglichst auf der beruflichen Ebene bleiben, nicht zu knapp aber auch nicht zu ausschweifend antworten.
Wir fragen unsere beiden Gäste:
Sollte man bei Fragen wie „Wo sehen Sie sich in den nächsten 5 Jahren?“ stets auf der beruflichen Ebene bleiben und einen Bezug zur angestrebten Stelle herstellen oder auch einen privaten Ausblick geben?
Nadia Grötsch (TowerConsult): Beides ist wichtig, sollte aber in einem angemessenen Verhältnis stehen. Zunächst sollte man immer erst einen Überblick über den Ausbildungs- und Berufsweg geben. Dort spielen private Dinge nur insofern eine Rolle, als sie zum Beispiel die Wahl des Studienfachs oder einen Wechsel begründen. Auch Hobbys oder Interessen, die man persönlich hat, sind in einer Vorstellung sehr wichtig. Der Fokus sollte aber grundsätzlich auf den fachlichen Erfahrungen liegen.
Yvonne Bayha (Ernst & Young): Die berufliche Ebene steht im Vordergrund, das Privatleben darf aber auch gerne mit einbezogen werden, da dies natürlich zusammenhängt.
Und wie gehe ich mit geschlossenen Fragen um?
Im Umkehrschluss zu offenen Fragen lassen sich geschlossene Fragen im Prinzip einfach mit „Ja“ oder „Nein“ beantworten, zum Beispiel: „Können Sie sich vorstellen, auch im Außendienst zu arbeiten?“. Hier wird allerdings von dir erwartet, dass du neben der klaren Ja-Nein-Antwort auch noch eine Begründung mitlieferst.
Es kann auch vorkommen, dass Personalverantwortliche Kandidaten mit sogenannten Alternativfragen aus der Reserve locken möchte: „Arbeiten Sie lieber im Team oder alleine?“ Vorsicht: Bevor man antwortet, sollte man kurz im Hinterkopf überlegen, ob nicht beide Extreme negativ ausgelegt werden könnten und die Antworten darauf abstimmen, zum Beispiel: „Ich habe sehr gute Erfahrungen mit der Teamarbeit in meinem Praktikum bei der Firma XYZ gemacht, dort aber auch gerne eigenständig Aufgaben im Controlling bearbeitet.“
Eine sehr geschlossene und gleichzeitig berüchtigte Frage ist natürlich die nach dem Kinderwunsch. Viele Bewerberinnen fürchten hier, ihnen könne eine ehrliche Antwort zum Nachteil werden. Wir fragen nach:
Sind kleine (Not-)Lügen und Übertreibungen erlaubt, z. B. bei Fragen nach einem Kinderwunsch oder dem Aufgabengebiet des letzten Praktikums?
Nadia Grötsch (TowerConsult): Hmm, das sind in dem Fall zwei sehr verschiedene Themen. Auf die Frage nach dem Kinderwunsch muss man gar nicht antworten. Hier darf man sogar lügen. Das gilt auch für folgende Fragen:
- Möchten Sie heiraten?
- Sind Sie schwanger?
- Welchen Beruf übt Ihr Partner aus?
- Sind Sie heterosexuell/homosexuell?
Bei der Frage nach einer bestehenden Schwangerschaft sogar dann, wenn die Bewerberin die Arbeit als Schwangere zunächst nicht ausüben kann. So ein neueres Urteil des Bundesarbeitsgerichts [BAG Az. 2 AZR 621/01].
Bei Fragen zu früheren Arbeitsgebieten sollte man lieber bei der Wahrheit bleiben, das hilft allen am meisten. Wird man dann nämlich eingestellt und kapituliert vor Aufgaben, mit denen man im Vorstellungsgespräch geprahlt hat, hat man nicht viel gewonnen. Fair und authentisch bleiben, ist immer der beste Weg.
Yvonne Bayha (Ernst & Young): Grundsätzlich nein. Bei unzulässigen Fragen wie zum Beispiel der Frage nach einem Kinderwunsch sollte man lieber nicht antworten, anstatt zu lügen. Wenn bei den bisherigen Aufgaben geschwindelt wird und die Mitarbeiter demzufolge falsch eingesetzt werden, kommt das spätestens bei der Tätigkeit ans Tageslicht und ist für beide Seiten ungünstig. Darüber hinaus führt dies zu Vertrauensverlust.
Welche Beispiele lasse ich am besten in meine Antworten einfließen?
Es reicht nicht aus, nur bestimmte Schlagwörter in den Raum zu stellen. Der Arbeitgeber möchte die Bewerber, die Fähigkeiten, die Persönlichkeit und die Arbeitsweise kennenlernen bzw. einschätzen können. Dazu braucht er konkrete praktische Beispiele aus dem Leben der Bewerber, beispielsweise aus der Schulzeit, dem Studium, einem Praktikum oder dem vorherigen Job:
- „Im Studium hatte ich einen wunderbaren Professor, der/die meine Begeisterung für die Logistik geweckt hat. Daher habe ich mich auf den Bereich spezialisiert.“
- „Bei meinem sechsmonatigen Marketing-Praktikum bei der Firma XYZ habe ich den Bereich E-Commerce kennengelernt und war fasziniert, welche Chancen dieser Bereich bietet.“
- „In meinem vorherigen IT-Job habe ich viel gelernt und viele Aufgaben eigenverantwortlich erledigen dürfen, daher möchte ich nun den nächsten Karriereschritt machen, um mich weiterzuentwickeln.“
Beliebt ist auch die mögliche Frage nach den Stärken und nach der größten Schwäche im Bewerbungsgespräch. Die eigenen Stärken unterstreicht man am besten anhand von praktischen und beruflichen Erfahrungen.
Wenn man als Berufseinsteiger noch nicht über Praxiserfahrung verfügt, kann man auch wie folgt antworten: ‚Ich bin neugierig und lerne gerne immer wieder Neues dazu.‘ Das kann aus ganz unterschiedlichen Bereichen sein: Technik, Biologie, Literatur, Sport oder Politik.
Bei den Schwächen sollte man stattdessen unverfängliche Beispiele anbringen, die nichts oder nur wenig mit der angestrebten Position zu tun haben, z. B. dürftige Kochkünste oder mangelnde handwerkliche Fähigkeiten. Die richtige Antwort auf die Frage nach den Schwächen zu stellen, ist jedoch ganz schön tricky; guten Rat findest du hier.
Die Personalerinnen-Tipps hierzu:
Nadia Grötsch (TowerConsult): „Am elegantesten lösen Bewerber diese Frage, indem sie ehrlich sind. Die Standardantworten kennen eh alle Personalverantwortlichen. Wenn als Schwäche immer wieder Ungeduld genannt wird, ist das langweilig und nicht authentisch. Ich möchte doch mit dieser Frage die Kandidaten nicht bloßstellen, sondern herausfinden, wie sie sich selbst einschätzt und ob sie reflektiert mit dieser Einschätzung umgehen. Deshalb sollte man sich vorher schlüssige und vor allem wahre Antworten überlegen. Flunkern ist nicht sinnvoll, es fliegt sowieso auf.“
Yvonne Bayha (Ernst & Young): „Einfach ehrlich antworten, falls die Frage so gestellt wird. Jeder hat Stärken und Schwächen, man muss dazu stehen können.“
Wo willst du arbeiten?
In a nutshell: Das wird von dir erwartet.
Be positive! Gehe im Vorstellungsgespräch grundsätzlich mehr auf positive Dinge ein als auf negative.
Bereite dich unbedingt auf die gängigen Fragen vor und überlege dir, wie du deinen Werdegang mit den relevanten Stationen strukturiert und an den gewünschten neuen Job angepasst vortragen kannst. Versuche zudem, stets höflich und authentisch auf die typischen Fragen im Vorstellungsgespräch zu antworten.
Das Bewerbungsgespräch sollte übrigens keine Einbahnstraße sein. Es ist auch wichtig, im Vorstellungsgespräch eigene Fragen zu stellen.
Der häufigste Fehler im Job-Interview besteht darin, auf die Fragen der Personalverantwortlichen zu kurz und zu oberflächlich zu antworten. Daher gilt: gerne etwas weiter, aber nicht zu weit ausholen.
Es antworteten euch:
Nadia Grötsch – mit TowerConsult spürt sie passende E-Commerce-Experten für ihre Kunden auf und stellt technische Ressourcen zur Verfügung, um Projekten einen passenden Rahmen zu geben. Außerdem schreibt sie fleißig für Bewerberblog.de.
Yvonne Bayha von Ernst & Young: Neben der Wirtschaftsprüfung und der Steuerberatung besteht das Dienstleistungsangebot aus Transaktions-, Risiko- und Managementberatung sowie Immobilien- und M&A-Beratung. Weltweit arbeiten rund 135.000 Mitarbeiter für die Ernst & Young AG.